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Jüngst hatte ich Gelegenheit, mich mit der Geschichte der Wendeltreppe befassen zu dürfen, was mich sinnierend zu der Frage brachte: Wo finden wir denn eigentlich sehenswerte Treppen in den Niederlanden? Zugegeben, Holland ist flach und eine Sammlung erstaunlicher Treppen ist nicht die erste Assoziation mit den Niederlanden als Reiseziel. Und die oft halsbrecherischen Stiegen in Wohnhäusern in Amsterdam und anderswo sind in Blogs, Reiseführern und interkultureller Literatur umfangreich genug beschrieben worden. Die lassen wir hier mal außen vor.

Austerlitz Pyramide

Die Pyramide von Austerlitz, gelegen zwischen Zeist und Doorn im Waldgebiet Utrechtse Heuvelrug.

Natürlich haben auch im Flachland Türme, die es zu erklimmen gibt, ihre Reize, allen voran der Domturm in Utrecht, aber auch der Turm der Westerkerk in Amsterdam. Wäre da in meinem Fall nicht die Neigung zu Höhenangst, die mich bei Zeit und Weile an einer Turmbesteigung hindert. Einfacher ist es da mit der Pyramide von Austerlitz. Ja, durchaus, es gibt eine Pyramide in den Niederlanden. Sie wurde 1804 von Soldaten Napoleons errichtet und besteht im Wesentlichen aus aufgeschüttetem Erdreich. Der französiche General Auguste de Marmont, der hier eine Gruppe von Soldaten zu einem schlagkräftigen Heer gegen die Briten zusammengeschmiedet hatte, war so zufrieden mit seinen Männern, dass er dafür von ihnen dieses ungewöhnliche Monument bauen ließ. Praktischer Entschluss, konnte er damit doch auch eventueller Langeweile unter den Soldaten entgegenwirken. Nun gut, eine Pyramide ist eigentlich keine Treppe, aber die Form dieser Stufenpyramide ist immerhin verwandt und oben auf die durch einen Obelisken gezierten Spitze gelangt man dann doch über eine Treppe.

 

Huize Molenaar Utrecht, Treppe

Treppenhaus von Huize Molenaar in Utrecht

Andere Treppen. Wer Gelegenheit hat, das Huize Molenaar in Utrecht von innen zu besichtigen, findet dort in einem (ehemaligen) Wohnhaus eine elegant geschwungene ovale Treppe aus Eichenholz. Huize Molenaar bietet exklusive private Diniermöglichkeiten in einem alten Utrechter Patrizierhaus, dessen Bausubstanz bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht.

Auch die Rokoko-Treppe in der Fundatie van Renswoude, einem ehemaligen Utrechter Kinderheim,  ist nicht zu misachten. Das Anwesen des Heims für begabte Kinder aus dem Waisenhaus, das auf eine Stiftung der Maria Duijst van Voorhout, Vrijvrouwe van Renswoude zurückgeht, wurde 1756 erbaut und kann im Rahmen des alljährlichen Tags des offenen Denkmals (Open Monumentendag) in Utrecht schon einmal besichtigt werden.

 

Muiderslot Wendeltreppe

Muiderslot, Wendeltreppe in einem Turm dieses Schlosses an der Vecht.

Wendeltreppen befinden sich meist in Kirchen, Schlössern oder anderen alten Gemäuern, wo Besucher ab und an in den Genuss kommen können, die Stufen ersteigen zu dürfen, beispielsweise im Muiderslot in Muiden, am nördliche Ende der Vecht.

Monumentaleren Charakter nehmen Treppen in der Regel bei größeren Schlossanlagen an. Prominentes Beispiel bildet das Huis ten Bosch in Den Haag, bis vor kurzem Amtssitz der niederländischen Königin Beatrix. Auf der Treppe zum Haupteingang fand in den letzten Jahrzehnten nach jeder Regierungsbildung in den Niederlanden die so genannte Bordesscene statt, bei der die neue Ministerriege samt Monarchin auf der Freitreppe aufgestellt wurde, um von auserlesenen Fotografen für's Volk abgelichtet zu werden. Es wird sich zeigen, inwiefern diese Tradition auch unter dem neuen König Willem Alexander beibehalten werden wird.

 

Nieuwekerk Amsterdam Kanzel Treppe

Treppe zur Kanzel des Albert Jansz. Vinckenbrinck in der Nieuwekerk in Amsterdam.

In einem seit der Reformation protestantisch geprägten Land wie den Niederlanden spielt das Wort eine religiöse Schlüsselrolle. Und das wird in Kirchen von der Kanzel herab verkündet. Kein Wunder also, dass bei einem Glaubensbekenntnis, das bildlicher Dekoration in Gotteshäusern eher zurückhaltend gegenübersteht, wenigstens die Kanzeln bisweilen kunstvoll geschmückt wurden.  Um dem Wort Gewicht (und dem Schall Tragweite) zu verleihen, wird es von oben verkündet und so blieben uns einige Holztreppen erhalten, die in der Kirche hinauf zur Kanzel führen.

Genannt sei hier diejenige in der Nieuwekerk in Amsterdam. Hier wurde nach einem Brand 1645 eine neue Inneneinrichtung notwendig und der Amsterdamer Holzbildhauer Albert Jansz. Vinckenbrinck (1605-1664) schuf dafür 1647-1649 eine der prächtigsten Kanzeln des Landes, mit  rund 13 Metern Höhe und beeindruckenden Schnitzarbeiten. Die Treppe konnte diesem Kunstwerk nicht nachstehen. Dass  Vinckenbrinck ein erfahrener Bildhauer in Holz war, bewies er auch mit den bekannten Figuren von David und Goliath im Amsterdam Museum, die ursprünglich für den Doolhof in Amsterdam hergestellt wurden, gewissermaßen ein Disneyland des 17. Jahrhunderts, ein Freizeitpark mit bewegenden Attraktionen, für den Vinckenbrinck auch einen beweglichen Springbrunnen schuf.

 

Kijk uit attention Otterloo Kröller Müller

Die Treppe als Kunstwerk im Skulpturenpark des Kröller Müller Museums in Otterloo. "Kijk uit attention" von Krijn Giezen, 2005.

Eine Treppe kann auch ein selbständiges Kunstwerk sein. Das beweist das Werk Kijk Uit Attention des Künstlers Krijn Giezen, das seit 2005 den Skulpturenpark des Museum Kröller-Müller in Otterlo ziert. Eine 80 Meter lange Treppe mit 270 Stufen führt eine Böschung (für die Niederländer: einen Berg) hinauf zu einem Aussichtspunkt. Der ausdrücklich zum Besteigen gedachten Holztreppe stellt sich nun allerdings ein Problem. Neun Monate nach ihrer Platzierung und Eröffnung kam im Mai 2006 ein 17jähriger Jugendlicher auf ihr zu Fall. Seitdem ist sie geschlossen, der Zugang vergleichsweise unschick verbarrikadiert und dem Kunstwerk damit im Grunde seine Bestimmung genommen.

 

Landmark Lon Pennock Zuilense Ring Maarssen2

Lon Pennock, Landmark (1981), Zuilense Ring bei Maarssen. 

Geraume Zeit zuvor hatte bereits der Künstler Lon Pennock eine vergleichbare Idee, als er eine Stahltreppe schuf, die 1981 am Rande der Landstraße Zuilense Ring in Maarssen (heute Gemeinde Stichtse Vecht) bei Utrecht aufgestellt wurde. Wer sie erklimmt, schaut über die Landschaft in die Ferne. Das Werk heißt Landmark, wird passenderweise auch Wolkentrap (Wolkentreppe) genannt.

 

Treppe Schatzkammer De Bazel Archiv Amsterdam

Treppe der Schatzkammer im Gebäude 'De Bazel' Amsterdam, heute Sitz des Stadtarchivs

Von etwas älterem Datum ist da die Treppe zur "Schatzkammer" im De Bazel genannten Gebäude in Amsterdam, die mit Fug und Recht ebenfalls ein Kunstwerk genannt werden kann. Der imposante Bau an der Vijzelgracht gilt als wichtigstes Werk des  Architekten, Künstlers und Designers Karel de Bazel und wurde 1919-1926 als Hauptsitz der  Nederlandsche Handel-Maatschappij errichtet. Das Gebäude trug anfangs den Spitznamen De Spekkoek, nach einem aus Indonesien bekannten Gebäck. Mittlerweile wird es einfach nach seinem Erbauer De Bazel genannt. Heute ist hier das Archiv der Stadt Amsterdam untergebracht.

 

Eine der schönsten Treppen in den Grachtenhäsern Amsterdams, nämlich die der Cromhouthuizen (in denen sich auch das Bijbelsmuseum befindet), gibt es hier zu sehen.

Wendeltreppe Rijksmuseum Amsterdam Bibliothek

Blick in die Bibliothek des Rijksmuseum in Amsterdam, mit hinten rechts der gusseisernen Wendeltreppe.

Eine der schönsten Wendeltreppen bleibt in meinen Augen das gusseiserne Exemplar in der kunsthistorischen Bibliothek im Rijksmuseum in Amsterdam, die heute Rijksmuseum Research Library heißt. Ehemals nur für die forschenden Geister während des Bibliotheksbesuchs sichtbar, kann sie mittlerweile von einem Ausstellungssaal im Rijksmuseum aus bewundert werden. Mitsamt dem herrlich altmodischen Herzstück der monumentalen Cuypersbibliothek um sie herum, zu deren vier Galerien die Wendeltreppe Zugang verleiht.

Ganz nebenbei bemerkt ist es natürlich auch ein unvergleichlicher Genuss, über das Treppenhaus im Hauptgebäude des restaurierten Rijksmuseums zu den in der Ehrengalerie und um sie herum ausgestellten Kunstschätzen vorzudringen.

 

Groninger Museum Treppe

Treppe im Groninger Museum (Niederlande), bestehend aus buntem Mosaik.

Auch andere Museen gönnen sich hier und da prächtige Treppen. Wie das Groninger Museum mit einer besonders farbenfrohen Mosaik-Treppe - wie kann es auch anders bei der bunten, verspielten postmodernen Architektur des 1994 eröffneten Museumsbaus, entworfen von dem  Mailänder Architekten Alessandro Mendini.

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Diese Treppensammlung entstand spontan, die Reihenfolge ist willkürlich und dieser Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständgkeit. Im Gegenteil. Ich behalte mir die Option vor, hier nach Lust und Laune stufenweise weitere Treppen zu präsentieren. Vorschläge sind natürlich willkommen.

 5. Juni 2013

 


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