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Ein niederländisches must-eat  zum Jahresende. Beim oliebol  handelt es sich um ein traditionelles Gebäck, das vor allem in den letzten Tagen des Dezember verzehrt wird, besonders gern an Silvester (oudejaarsavond). Er ist verwandt mit dem Berliner Ballen bzw. Pfannkuchen wie er in seiner "Heimat"-Region genannt wird. Und sein Name ist Programm bzw. Rezept. Oliebol bedeutet buchstäblich "Ölballen" oder "Ölkugel", en Bällchen von flüssigem Teig, das in Öl gebacken wird. Darum schmeckt er auch meist - zumindst in meinem Erleben - klebrig, pappig, fett und ist lediglich mit viel Puderzucker zu ertragen. Da helfen auch die Rosinen nicht viel, die zur Geschmacksverfeinerung (oder zum Trost?) in den Teig gerührt werden.

 

Oliebollen met krenten
Door Teunie uit nl, CC BY-SA 3.0, Link

 

Woher stammt der Oliebol? Zur Geschichte der Oliebollen

Man ahnt es: ich bin kein großer Fan dieser Backtradition. Kulinarische Integration kann halt das eine Mal angenehmer ausfallen als das andere Mal. Nichtsdestotrotz - es gibt gute Gründe für den oliebol  und den Umstand, dass er sich noch immer solcher Beliebtheit erfreut. Denn der Sage nach aßen bereits die alten Germanen vergleichbares Gebäck zum Julfest Ende Dezember. Auch brachten sie Speiseopfer in frittiertem Teig dar, um der Sagengestalt Frau Perchta Einhalt zu gebieten. Diese konnte gerade in jener dunklen Jahreszeit auftauchen und Menschen, angeblich wegen Faulheit, angreifen und ihnen den Bauch aufschlitzen. Der Fettgehalt nun sorgte dafür, dass ihr Schwert am attackierten Menschen abglitt und keine Verletzung entstand. Hierin sehen die einen den Ursprung dieses Ölgebäcks.

Anderen, wahrscheinlicheren, Quellen zufolge stammt die Tradition der oliebollen  aus dem Mittelalter, als man sich noch mehr als heute der Fastenzeit bewusst war, die zwischen Beginn des Karnevals am 11. November und Weihnachten einzuhalten war. Nach Ablauf der Fastenzeit wurde wieder vollauf gespeist. Doch konnte man im Winter kaum noch mit frischen Lebensmitteln kochen und backen und verwendete man daher haltbarere Zutaten wie Mehl und Öl. Dennoch, Öl war teuer und weniger üppig vorrätig als heute. So drückte man die Kuchen platt und konnte sie in weniger Öl backen, als es für eine runde Kugel notwendig ist. Das späte Mittelalter kannte auch die Tradition, Armen einen solchen Ölkuchen oder eine andere Leckerei zu schenken, die anderen ein frohes neues Jahr wünschten. Als die Handelskontakte besser und die Verfügbarkeit von Speiseöl-Vorräten höher wurde, nahm das Gebäck schließlich eine runde Form an und wurde zum oliebol.

Einer dritten Theorie gemäß waren es portugiesische Juden, die als Einwanderer den oliebol  mit in die Niederlande brachten. Denn sie kannten in ihrem Herkunftsland bereits ein vergleichbares Ölgebäck mit getrockneten Südfrüchten, bei dem das verwendete Öl auf die ewige Lampe des Tempels in Jerusalem verweist.

Der oliebol  oder oliekoek  kennt also eine lange Geschichte. Und es gibt einen Hoffnungsschimmer für alle, die seinem Genuss ähnlich reserviert gegenüberstehen wie ich: Es gibt seit geraumer Zeit eine Art Kontrollinstanz zur Qualitätsüberwachung der oliebollen. Nämlich den Oliebollentest, den eine namhafte Tageszeitung alljährlich ausführen lässt und dessen Publikation landesweit mit großer Spannung erwartet wird. Das Schicksal will, dass der vielleicht bekannteste Bäcker unseres Dorfes im Herzen der Niederlande, nicht nur (wenn ich mich recht erinnere) diesen Test seit Jahren zumeist mit einem Top-10-Ergebnis abschließt. Nein, dieses Jahr wurde er sogar zum Sieger gekürt und bekam als einziger von 131 Teilnehmern die höchste erreichbare Punktzahl! Schon wenn diese Bäckerei in vergangenen Jahren den zweiten oder dritten Platz erreichte, standen die Warteschlangen zur Ergatterung des begehrten Backwerks in keinem rationalen Verhältnis mehr zur Größe des Dorfes.

Nun die Frage: Tut sie's oder tut sie es nicht? Schließe ich mich hinten in der Reihe an, möglicherweise Stunden lang, für den kurzen Genuss eines preisgekrönten Ölgebäcks, dem aber das wichtigste fehlt? Nämlich der Marmeladenklecks in der Mitte. Inklusive seiner ständigen Drohung, in den eigenen Ärmel zu tropfen.

30. Dezember 2012

 


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