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Gestern hat sie's also dann getan. Ihre Abdankung angekündigt. Königin Beatrix der Niederlande wird ab 30. April 2013 keine Königin mehr sein und das Amt ihrem Sohn und Thronfolger Prinz Willem Alexander überlassen.

Kaum eine Chance also für mich, die Königin noch einmal als Königin zu sehen. Einmal wäre es beinahe gelungen. 1999 fand der alljährliche Koninginnedag in Utrecht statt. An diesem nationalen Feiertag besucht die königliche Oranje-Familie jedes Jahr ein bis zwei Orte in den Niederlanden und läßt dabei geduldig Paraden von Blasorchestern und tanzenden Teenagern über sich ergehen, aufgelockert von traditionellen niederländischen Freizeitbeschäftigungen wie Koekhappen, Sjoelen, Toilettenschüssel-Werfen oder anderen heiteren Geschicklichkeitsspielen.

Am 30. April 1999 war ich auch in Utrecht, mein zweiter Frühling in der Stadt, und ließ es mir nicht nehmen, mich dem Volksauflauf in der Innenstadt anzuschließen. Schließlich gab es einen leibhaftigen Blick auf Königs zu erhaschen und so etwas haben wir ja in Deutschland nicht mehr. Was das betrifft, habe ich mich wohl wie der durchschnittliche ZDF-Zuschauer verhalten. Und ich habe sie gesehen, die Königin Beatrix. Oder eigentlich ihren Hut, wenn ich ehrlich bin, denn die Leute vor meiner Nase (Holländer halt) waren zu groß, um gut über ihre Schultern schauen zu können. Immerhin, ich konnte davon ausgehen, dass sich unter dieser Kopfbedeckung in rötlichen Farbtönen mit großer Wahrscheinlichkeit Ihre gesamte Majestät befand.

Koninginnedag Utrecht 1999

Was das Foto zeigt, konnten meine Augen nicht sehen, denn die Kamera konnte höher gehalten werden, als ich stehen konnte. Links des Reklameschilds Königin Beatrix, rechts davon bückt sich gerade Prinz Willem Alexander. Gemeinsam mit der königlichen Familie besuchten sie am Koninginnedag 1999 die Stadt Utrecht. 

 

Willem Alexander war auch dabei, er war kurzzeitig besser im Bild. Es war die Zeit, als der Kronprinz sich mit einer Spezialisierung auf Wassermanagement ins öffentliche Gedächtnis einzuarbeiten versuchte. Sicherlich auch, weil er zuvor hauptsächlich als "Prinz Pils" angesehen wurde. Was einen jungen niederländischen Mann eigentlich nicht hätte stören müssen. Der regelmäßige Konsum von Bier ist in den Niederlanden seit Jahrhunderten Usus und wird in der Regel nicht kritisiert. Nun denn, Wassermanagement sollte es sein und so durfte Willem Alexander mit einer großen Feuerwehrspritze (wenn ich mich recht entsinne) einen dicken Strahl gegen die jahrhundertealte Mauer des Utrechter Doms spritzen. Das hatte wahrscheinlich inhaltlich bedeutendere Hintergründe, die habe ich aber nicht mitbekommen.

Was mir wohl in Erinnerung blieb, waren die vielen Studentinnen mit eng anliegenden T-Shirts, die die Aufschrift "I am 100% water. William, will you manage me?" trugen. Máxima kannte damals noch niemand, lediglich von einer Freundin des Prinzen namens Emily hatte man gehört, aber er galt wieder als Single, nachdem die Beziehung zu Emily wohl im Jahr zuvor geendet hatte.

So nahe war ich blauem Blut bis dahin noch nicht gekommen. Einige Jahre zuvor hatte ich mich an einem sonnigen Tag auf Expedition nach Den Haag begeben und wollte mir - zugegeben, ein dank Unkenntnis und schlechter Vorbereitung naives Unterfangen - das königliche Schloss Huis den Bosch ansehen. Das ist immerhin eines der prächtigsten Schlösser des Landes, mit weltberühmter Innendekoration aus dem Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst. Meine Schuhe waren angemessen schick und neu, aber völlig ungeeignet für den zu lang ausfallenden Spaziergang vom Haager Hauptbahnhof aus. Blasen waren dann auch die verdiente Strafe.

Vor der Zufahrt zum Schloss wurde mir von den Wachen kopfschüttelnd zu verstehen gegeben, dass der königliche Wohnsitz natürlich nicht zu besichtigen ist. Um diesen touristischen Meilenstein in der persönlichen Biographie nicht zur kompletten Enttäuschung werden zu lassen, begab ich mich statt dessen auf die Umrundung des Schlossgeländes. So kam es dazu, dass ich an der Rückseite eine alte Dame in Begleitung eines Hündchens bemerkte, die auf ihrem Spaziergang im Schlosspark mit einem Wachsoldaten plauderte. Zwar hatte ich meinen Feldstecher natürlich nicht dabei. Aber Alter und Erscheinung ließen eigentlich nur auf Juliana schließen. Wer sonst von vergleichbarem Äußeren hätte ungezwungen im Park schlendern können? Das Personal sicher nicht.

Danach kreuzten die Oranjes noch einmal meine Pfade. Diesmal zufällig, voriges Jahr bei einem Kindergeburtstag im Westen des Landes, in einem kleinen Café in grüner Natur. Willem Alexander, Máxima und die Mädels feierten offenbar mit einer befreundeten Familie, wir mit der unseren und eine dritte Gruppe kleineren Umfangs war auch anwesend. Um die 30 Leute, bei draußen strömendem Regen eingepfercht auf ca. 30 Quadratmeter.

Leichte Enttäuschung beschlich mich, dass der Kronprinz nicht grüßte. Mir wurde in meiner Jugend beigebracht, dass man als Mitglied eines Familienunternehmens alle zu grüßen hat, die einen (er)kennen könnten. Alles andere kann dem Image des Familienbetriebs schaden, jedenfalls in dessen Einzugsbereich. Zu dem in Willem Alexanders Fall ja mindestens die ganzen Niederlande gehören. Dafür gab's lediglich Blickkontakt mit seiner mütterlich erschrockenen Gattin, als einer der Schreihälse an unserem Tisch sich nicht beruhigen wollte. Vielleicht lag die gespielte Normalität daran, dass die Oranjes privat unterwegs waren. Ich hoffe darum auch, dass niemand aus unserer Gesellschaft die Fotos veröffentlicht hat, die bei dieser Gelegenheit von unserem Teil des Terrains aus aufgenommen wurden. Alles andere als unauffällig, kleine Kinder wurden "zufällig" mitten auf den Tisch gepflanzt und abgelichtet, mit ästhetisch zweifelhaften Ergebnissen. Verwackelte Kleinkinder im Vordergrund, während nur  der Hintergrund mit "anderen Leuten" einigermaßen scharf wurde. War schon etwas peinlich. Inzwischen taten die Oranjes routiniert, als wären sie nichts Besonderes und als wären wir gar nicht (störend) anwesend.

Nun denn, wenn ich Willem Alexander das nächste Mal begegne, wird er wohl König sein. Mal schauen, ob er dann grüßt.

29. Januar 2013

 


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