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Nachtrag vom Sommer 2014:
Das Mauritshuis ist mittlerweile schon längst wieder in voller Pracht eröffnet. Mehr dazu sowie die passende Museumsführung gibt es hier.

[Es folgt hier der originale Beitrag von 2012-2013:]
Kein Scherz - am 1. April 2012 schließt eines der schönsten Museen der Niederlande seine Pforten. Wenn auch nur wegen Renovierungs-, Aus- und Umbauarbeiten. Neben Modernisierungen im bestehenden Gebäude sollen Teile der Räumlichkeiten des gegenüberliegenden Hauses der Sociëteit De Witte hinzugewonnen werden. Beide Gebäudekomplexe werden über einen unterirdischen Durchgang miteinander verbunden. Geplant ist, das Mauritshuis 2014 in neuer Pracht wieder zu eröffnen. Doch die Erfahrung mit Renovierungen und Erweiterungen von Museen in den Niederlanden hat in den vergangenen Jahren (leider) gelehrt, dass Dinge sich unangenehm verzögern können. Deshalb sei allen Kunstliebhabern empfohlen, sich diesen Monat noch zum ehemaligen Stadtpalast von Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen in Den Haag zu begeben, so lange es noch geht.

Das Mauritshuis am Hofvijfer in Den HaagDas Mauritshuis entstand ab 1633 als Wohnsitz für Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679), der hier am Haager Hofvijfer ein Grundstück an einer der besten Adressen der Stadt erstehen konnte. Gleiches war dem berühmten niederländischen Dichter, Gelehrten, Staatsmann und Musiker Constantijn Huygens (1596-1687) vergönnt, dessen Haus auf dem Nachbargrundstück entstand. Dieses musste jedoch im 19. Jahrhundert für den Bau des Justizpalastes weichen und existiert deshalb heute nicht mehr.

Während Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen selbst von 1636-1644 als Gouverneur in Brasilien weilte, bauten die Architecten Jacob van Campen (1596-1657) und sein Assistent Pieter Post (1608-1669) für ihn mit dem Mauritshuis etwa 1636 bis 1637 das erste wirklich klassizistische Stadtpalais auf niederländischem Boden. Dabei beaufsichtigte Constantijn Huygens die Bauarbeiten in der Zeit, als Johann Moritz sich in Übersee befand. 

Jacob van Campen erlangte später weiteren Ruhm durch den Bau des neuen Amsterdamer Rathauses (Stadhuis, heute Paleis op de Dam genannt) und zeichnet vermutlich auch verantwortlich für das im Stil des Holländischen Klassizismus errichtete Huis ten Bosch in Maarssen an der Vecht. Pieter Post war 1645-1650 der Architekt des Huis ten Bosch in Den Haag (heute Wohnsitz von Königin Beatrix), hat neben vielen anderen Entwürfen auch den für den Giebel des Wittevrouwenpoort in Utrecht geliefert und war 1663-1666 am Umbau der Schwanenburg in Kleve beteiligt.

Das Mauritshius ist außen wie innen streng symmetrisch gegliedert. Architektonische Vorläufer, unter deren Einfluß Bauherr und Architekten des Mauritshuis standen, waren maßgebende italienische Architekten, wobei vor allem Andrea Palladio (1508-1580) und dessen Lehrling und Nachfolger Vincenzo Scamozzi (1548-1616) zu nennen sind, denen wir prächtige Paläste im Veneto verdanken. Vor allem Scamozzi und seine auf Vitruvs Ideen basierenden Traktate erwiesen sich als einflussreich in den Niederlanden.

Treppenhaus im MauritshuisJohann Moritz hatte nicht viel oder oft Gelegenheit, sich in seinem prächtigen Stadtpalast aufzuhalten. Doch er muss das Haus mit einer reichen und exotischen Inneneinrichtung versehen haben. Wichtige Elemente seines Inventars und seiner Sammlung verschenkte er später an internationale Machthaber wie den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg oder die Könige von Dänemark und Frankreich. Unsere Vorstellung davon, wie das Interieur des Mauritshaus ehemals aussah, wird von seiner Zerstörung durch einen Brand im Jahr 1704 beeinträchtigt, bei dem der Palast bis auf die Außenmauern niederbrannte. Der mit Hilfe von Lotterien finanzierte Wiederaufbau zog sich bis 1720 hin. Dabei wurde die Inneneinrichtung nicht mehr originalgetreu nachempfunden, sondern dem Geschmack der Zeit angepasst. So entstand auch der Goldene Saal im rückwärtigen Teil des Mauritshuis, geschmückt mit Wandgemälden von Antonio Pellegrini. Lediglich eine Folge von 39 Zeichnungen, die Johann Moritz von Pieter Post anfertigen ließ, oder aber die Beschreibung, die der Dichter Jacob de Hennin im Jahr 1681 vornahm, helfen heute noch, einen Eindruck vom Originalzustand zu gewinnen.

Nach dem Tode Johann Moritz' 1679 gelangte das Haus in den Besitz der Familie Maes, die es ihrerseits an die Regierung vermietete. Nachdem es im Laufe des 18. Jahrhunderts u.a. einer Militärschule und einer Dichtervereinigung diente, wurde das Gebäude 1822 zum Museum, in dem einige Exemplare der Sammlung der Statthalter gezeigt wurden. Das Mauritshuis ist heute eines der wichtigsten niederländischen Kunstmuseen und es beherbergt einen erlesenen Schatz an Gemälden aus dem Goldenen Zeitalter der holländischen Malerei. Die Museumssammlung umfasst derzeit ca. 800 Werke und gründet sich auf dem ursprünglichen Bestand von etwa 200 Gemälden aus der Sammlung des Statthalters Prinz Willem V. von Oranje-Nassau (1748-1806), die durch dessen Sohn König Willem I. (1772-1843) 1816 dem niederländischen Staat vermacht wurde.

Die exquisite Sammlung, zu der solche Highlights wie Johannes Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring und seine Ansicht von Delft, Rembrandts Anatomie des Dr. Tulp, Paulus Potters Stier sowie Jan I. Brueghels und Peter Paul Rubens' Irdisches Paradies mit Sündenfall zählen, wird während der Umbauphase im benachbarten Haager Gemeentemuseum gezeigt werden.
Und wer neugierig auf die voranschreitenden Umbauarbeiten ist, kann ihnen hier folgen.

8. März 2012

 


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