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[Dieser Beitrag ist leider zwei Tage nach Veröffentlichung schon nicht mehr aktuell: Bis auf Weiteres bleiben die Museen der Niederlande ab dem  19. Dezember 2022 geschlossen. Wenigstens bis zum 14. Januar. 2022]

 

Das zweite Coronajahr neigt sich dem Ende zu. Nachdem im Sommer die Museen wieder öffnen konnten und Besucher wieder vermehrt die Niederlande erkundeten, gab es glücklicherweise auch Gelegenheit für einige Kukullus-Führungen, allen voran Stadtführungen in Utrecht. Aber auch an Museumsführungen im Rijksmuseum und im Mauritshuis keimte wieder Interesse auf. Lasst uns hoffen, dass solche Neugierde auf Kunst und Kultur vor Ort sich im neuen Jahr 2022 fortsetzt, wenn hoffentlich bald die gegenwärtige Welle wieder abflaut und neue schillernde Virusvarianten uns nicht erneut Knüppel zwischen die Beine werfen.

Wer sich in den letzten Wochen dieses Jahres und den ersten des neuen Jahres noch in Kunsterlebnisse stürzen möchte, für den oder die stehen in den Niederlanden noch ein paar schöne Ausstellungen bereit:

Rijksmuseum Amsterdam: Porträts um nicht vergessen zu werden.

 

Jan Gossaert, Jan Jacobsz. Snoeck, National Gallery of Art Washington DC, Rijksmuseum

Porträt des Jan Jacobsz. Snoeck aus der National Gallery of Art Washington DC, gemalt von Jan Gossaert, und zu sehen im Rijksmuseum in Amsterdam. 

Eine reiche Auswahl bewundernswerter Porträts der Renaissance ist noch bis 16. Januar 2022 im Rijksmuseum in Amsterdam zu sehen, unter dem Titel Vergeet me niet, was so viel heißt wie "Vergiss mich nicht". Das eigene Antlitz der Nachwelt für die Ewigkeit – oder wenigstens einen Teil davon - erhalten zu wollen, wurde in dieser Epoche ein neuer Trend und mancher Künstler konnte sich so einen Namen machen. Vertreten sind unter anderem Albrecht Dürer, Sofonisba Anguissola, Joos van Cleve, Lucas Cranach, Anthonis Mor, Tizian, dazu manche unbekanntere Namen mit darum nicht weniger eindrucksvollen Gemälden. 

 

Nachbarschaftspflege: Jordaens in Haarlem

Das Frans Hals Museum in Haarlem hat einen Künstler aus dem benachbarten Süden zu Gast: Jacques Jordaens aus Antwerpen zählt mit Peter Paul Rubens und Anton van Dyck zu den drei großen flämischen Barockmalern. Unter der Überschrift „Zu Hause bei Jordaens“ (Thuis bij Jordaens) zeigt das Frans Hals Museum in Haarlem in Zusammenarbeit mit der Phoebus Foundation eine Auswahl seiner Werke. Ein Höhepunkt der Ausstellung: Die Rekonstruktion von Jordaens‘ Empfangszimmer in Antwerpen, für das er Wände und Decke gestaltete. Rock-tragende Besucher und Besucherinnen seien gewarnt: in diesem Saal besteht der Fußboden ganz aus Spiegeln. So können die Deckengemälde auch ohne drohende Nackenstarre bewundert werden. Noch bis 30. Januar 2022. 

Jordaens, Frans Hals Museum, Prunksaal

Rekonstruktion von Jacob Jordaens' prunkvollem Antwerpener Empfangssaal im Frans Hals Museum (Haarlem) 

Fokus auf die eigene Sammlung

Während zu diesen Ausstellungen noch Leihgaben aus anderen Sammlungen zusammengetragen wurden, gaben die pandemiebedingten Beschränkungen der vergangenen Monate (und Jahre) auch für Museen teils neue Impulse. Man konzentriert sich in der Museumswelt verstärkt auf den eigenen Sammlungsbestand und die Möglichkeiten, die dieser auch für Sonderausstellungen bietet.So steht im Van Gogh Museum in Amsterdam noch bis 13. Februar 2022 Vincent van Goghs Gemälde der Kartoffelesser und dessen Entstehungsgeschichte im Mittelpunkt einer Ausstellung, entstanden 1855, als Vincent in Brabant lebte. 

 

Restaurierungen im Mauritshuis

Das Mauritshuis in Den Haag präsentiert eine ganze Reihe von Restaurierungen von Werken der eigenen Sammlung der letzten Jahre in der Sonderausstellung Facelifts & Makeovers, die noch bis zum 9. Januar 2022 zu sehen ist. 

In den Niederlanden werden in letzter Zeit vermehrt Restaurierungen und dazu notwendige Voruntersuchungen vor den Augen des Publikums ausgeführt, wie im Falle der Beweinung Christi des Rogier van der Weyden und bei Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring, beide im Mauritshuis. Auch die Erforschung 2017 von Frans Hals’ Porträts von Mitgliedern der Haarlemer Schützengilde im Frans Hals Museum in Haarlem geschah vor den Augen des Publikums. 

 Nachtwache Rembrandt, Erforschung und Restaurierung, Rijksmuseum Amsterdam

Operation Nightwatch: Im Rijksmuseum in Amsterdam wird Rembrandts Nachtwache vor den Augen des Publikums zunächst eingehend untersucht, dann restauriert. 

 

Superstar unter den gegenwärtig öffentlich restaurierten Gemälden ist Rembrandts Nachtwache im Rijksmuseum in Amsterdam, der im selben Haus eine Untersuchung der Mageren Companie von Frans Hals und Pieter Codde voranging. Im Goldenen Saal des Mauritshuis wurde 2018 noch Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring eine umfassende öffentliche Gesichts- (und Hintergrund-)Behandlung zuteil. 

 

Pieter de Hooch, Innenhof m. rauchendem Mann und trinkender Frau (Ausschnitt), Mauritshuis

Gemälde von Pieter de Hooch im Mauritshuis in Den Haag: Innenhof mit rauchendem Mann und trinkender Frau (Ausschnitt). 

Nun bringt das Mauritshuis unterschiedliche Aspekte und Ergebnisse der Arbeit von Restauratoren den Besuchern gleichzeitig näher. Den Drahtseilakt, dabei immer die richtigen Entscheidungen zu treffen, illustriert die Präsentation eines Gemäldes von Pieter de Hooch von ca. 1658-1660, an dem zur Zeit gearbeitet wird: Wo heute nur noch vage Konturen wahrnehmbar sind, gesellte sich einst eine dritte Figur, ein trinkender Mann, zur Bier trinkenden Frau und dem Pfeife rauchenden Mann im Hof in De Hoochs Gemälde. Soll diese einst sehr anwesende, dann mit einem Bretterzaun übermalte Figur von den Restauratoren wieder hervorgezaubert werden? Lässt man das Gemälde besser so, wie es nun seit langem bekannt ist? Oder sollte man eine Zwischenlösung wählen, bei der die übermalte Figur schemenhaft in Erscheinung tritt?

 

Johannes Vermeer in Dresden, Amsterdam und Delft

Dieses Gemälde Pieter de Hoochs stammt aus seiner Zeit in Delft, als dort auch ein anderer Großmeister der niederländischen Malerei wirkte: Johannes Vermeer. Auch in seinem Fall musste kürzlich entschieden werden, ob ein übermalter Teil eines seiner Gemälde wieder aufgedeckt oder mit Übermalung belassen werden sollte. Die Rede ist vom brieflesenden Mädchen am Fenster von ca. 1657–1659. Die Dresdener Hüter dieses Schatzes entschieden sich nach gründlicher Untersuchung und Abwägung für die Freilegung eines Cupido-Gemäldes an der Rückwand, das Vermeer ursprünglich hier gemalt hatte und das später wieder übertüncht worden war.

Leider ist es der Verfasserin dieser Zeilen nicht gelungen, zu einer der herausragendsten Ausstellungen alter Meister zu reisen, die das Jahr 2021 zu bieten: zu Johannes Vermeer. Vom Innehalten in der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, die gerade dieses Gemälde in seinen Kontext einbettet. Die Ausstellung wurde wegen der Pandemie mehrmals verschoben, war schließlich bis zum 2. Januar 2022 geplant und wurde nun auf Grund der desaströsen COVID-19-Lage ganz geschlossen. 

Johannes Vermeer, Lesende Frau in blau, Rijksmuseum Amsterdam

Brieflesende Frau in Blau, Johannes Vermeer, ca. 1663. Das Gemälde aus Rijksmuseum Amsterdam wurde 2021 für eine Vermeer-Ausstellung ausgeliehen an die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden. 

Doch es gibt Trost: Das Rijksmuseum in Amsterdam kündigte vor Kurzem für 2023 die größte jemals eingerichtete Vermeer-Ausstellung an, die in enger Zusammenarbeit mit dem Mauritshuis in Den Haag vorbereitet wird. Damit wird impliziert, dass noch mehr als die 22 Gemälde (der insgesamt ca. 35 bekannten Werke des Meisters) Vermeers gezeigt werden sollen, die 1996 in der letzten großen Vermeer-Ausstellung in den Niederlanden im Mauritshuis zu bewundern waren. Das Rijksmuseum gab bereits bekannt, dass außer der frisch restaurierten Dresdener Briefleserin auch Vermeers Geograph aus dem Städel Museum in Frankfurt am Main, die schreibende Frau mit Dienstmagd aus der National Gallery of Ireland in Dublin und die Frau mit der Goldwaage aus der National Gallery of Art in Washington D.C. für diese Ausstellung nach Amsterdam reisen werden. 

Parallel dazu soll im Frühjahr 2023 eine Ausstellung im Delfter Museum Prinsenhof dem Besucher das Delft zu Vermeers Zeiten näherbringen. Dabei wird es Kukullus ein Vergnügen sein, Besuchern Vermeers Delft bei einer Stadtführung zu zeigen und (falls dann möglich) durch die Vermeer-Ausstellung im Rijksmuseum zu führen.

Bis es so weit ist, werden für manche voraussichtlich ein paar besinnlichere Wochen beginnen, bevor wir mit neuem Elan erst einmal in das Jahr 2022 starten. Und auch 2022 gibt es für uns hoffentlich gemeinsam viel Kunst und Kultur zu erleben! 

Allen Freunden und Freundinnen von Kunst und Kultur und denen, die es noch werden wollen, frohe Weihnachtsfeiertage und ein gutes, gesundes, inspirierendes neues Jahr 2022! 

Ihre und Eure Claudia Schipper

 

 


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