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Willibrord-Kerk Utrecht, bemalter PfeilerIm Sommer tummeln wir uns gern draußen. Zu Recht. Doch gibt es in Utrecht allsommerlich gute Gründe, sich nach innen zu begeben. In die zahlreichen Kirchen nämlich. Jedes Jahr öffnen die Utrechter Kirchen einige Wochen lang ihre Pforten für neugierige Besucher, darunter auch viele, die sonst nur sporadisch oder bei besonderen Gelegenheiten zu besichtigen sind. Im Jahr 2019 dauert Kerken kijken („Kirchen anschauen") in Utrecht vom 24. Juni bis 14. September. Bei den Utrechter Kirchen bieten sich interessante Einblicke in für die Stadt so bedeutende Gotteshäuser wie die Pieterskerk, die Janskerk, die Jacobikerk, die verborgene Gertrudiskapel und viele mehr.  

Hinzu kommt dieses Jahr das Programm Kerken luisteren (also „zuhören in Kirchen"), in dessen Rahmen wöchentlich ein kostenloses Konzert in einer der teilnehmenden Kirchen der Innenstadt von Utrecht veranstaltet wird. 

Die romanische Peterskirche (Pieterskerk) in UtrechtIn der romanischen Pieterskerk (Peterskirche) trifft man in der Krypta, einer der wenigen (erhaltenen) der Niederlande, auf den (mittlerweile leeren) Sarkophag von Bischof Bernold. Der gilt als verantwortlich für die Errichtung des Utrechter Kirchenkreuzes, das um den zentralen Dom herum angelegt wurde. Im Inneren haben sich als architektonische Besonderheit sechs originale monolithe, also aus einem Stück gefertigte, Säulen aus rötlichem Sandstein erhalten. Auch ein steineres Grab, das innen mit mittelalterlichen Malereien dekoriert ist, ist hier zu sehen. In der ‚Dekenkapel' (Dekans-Kapelle) kann man u.a. ein Altarretabel aus der Renaissance bewundern, das 1554 im Auftrag des Ernst van Schayck gemalt wurde. An der Treppe zum Hochchor wurden zwei besondere romanische Reliefs aus Stein angebracht, die aus dem 12. Jahrhundert stammen.

 Janskerk, Utrecht, Grabmonument des Dirk van Wassenaer Auch die Janskerk (Johanneskirche) zählte zum Utrechter Kirchenkreuz. Das romanische Kirchenschiff der Basilika ist noch weitgehend erhalten. Der gotische Chor stammt aus dem 16. Jahrhundert. Hier wurde 1584 eine Bibliothek eingerichtet, eine Vorläuferin der heutigen Universitätsbibliothek. An der Nordseite wurde im 15. Jahrhundert die Antoniuskapelle angebaut, die später als Wachgebäude diente. Im Inneren sind unter anderem das Grabmonument des Dirk van Wassenaer (gestorben 1465), Probst dieser Stiftskirche, zu sehen und ein mittelalterlicher Sarkophag aus Tuffstein, der beim Ausbau der vor der Kirche gelegenen Straße geborgen wurde.

Romanisches Kapitell Nikolaikirche (Nicolaïkerk) UtrechtDie Nicolaïkerk (Nikolaikirche) am südlichen Ende der Innenstadt geht ebenfalls auf romanische Ursprünge zurück. Ungewöhnlich für eine Pfarrkirche, die zweitälteste Utrechts, ist sie mit zwei Türmen an der Westfassade ausgestattet. Zu den Sehenswürdigkeiten in der Kirche gehören die ornamentale Deckenbemalung des 14. Jahrhunderts über der Vierung und romanische Pfeiler mit kunstvollen Kapitellen. Die Kanzel und andere Einrichtungsgegenstände stammen noch aus dem 17. Jahrhundert.

Jacobikerk Sonnenuhr

Ganz besondere Schätze birgt die Jakobikirche (Jacobikerk) – im Gegensatz zum Dom, der Pieterskerk und der Janskerk eine Pfarrkirche. Hier findet man nicht nur die weltweit älteste erhaltene (moderne) Sonnenuhr, sondern auch eine seltene Einsiedlerzelle in einem der Kirchenpfeiler. In solchen kleinen Räumen ließen sich gottesfürchtige Einsiedlerinnen einmauern, um ihr Leben ganz und gar Gott zu weihen. Im Falle der Jacobikerk war dies Alyt Ponciaens. Auch die prächtigen kupfernen Chorschranken und die geschnitzte Eichenholz-Kanzel aus dem 16. Jahrhundert sind unbedingt sehenswert.

Gertrudiskapel (Gertrudiskapelle) Utrecht, Taufe des Römers Cornelius durch Petrus.Besonders interessant auch die ehemals geheimen Schlupfkirchen (schuilkerken) in Utrecht. Sie entstanden nach der Reformation, als reformierte Gottesdienste die einzig zugelassenen und andere Glaubensrichtungen auf heimliche Treffen angewiesen waren. So entwickelten sich in privaten Häusern geheime Kirchenräume. Einer deren, Maria Minor, beherbergt heute ein Café und ist dadurch regelmäßig zugänglich. Eine andere Schlupfkirche dagegen weist reichere Innenausstattung auf und kann während Kerken kijken Utrecht besichtigt werden: die Gertrudiskapel, gleich neben der 1914 erbauten alt-katholischen Gertrudiskathedraal (Gertrudiskathedrale). An der noch weitgehend erhaltenen Ausstattung an Gemälden in der Gertrudiskapelle waren namhafte Utrechter Maler wie Abraham Bloemaert, sein Sohn Hendrik Bloemaert und sein Schüler und Jan van Bijlert beteiligt.

Lutherse kerk, Lutherische Kirche, Utrecht, FassadeDie Lutherische Kirche (Lutherse kerk) in der Hamburgerstraat war ebenfalls ehemals eine Schlupfkirche. Wegen ihrer Verwandtschaft mit der offiziellen calvinistischen Glaubensrichtung der Niederlande stießen die Lutheraner allerdings gewöhnlich auf mehr Toleranz als andere Konfessionen. Zu ihren Gemeindemitgliedern zählten viele Einwanderer aus deutschen Gebieten, die sich in Utrecht niederließen. An der Stelle der heutigen Lutherkirche befand sich zuvor das St. Ursulakonvent. Die vergleichsweise schlichte Saalkirche weist typische Elemente des lutherischen Kirchenbaus auf, wie die prominent in der Mitte errichtete Kanzel und den Schwan – ein Symbol für Martin Luther – der an der Orgel prunkt. Auf der Galerie waren Sitzplätze für Soldaten und für Waisen reserviert – und sogar einer für den städtischen Henker.

Willibrord-Kerk Utrecht, Altar im Chor.Zu den jüngeren Kirchen, die entstanden, nachdem im 19. Jahrhundert katholische Gottesdienste wieder offiziell erlaubt wurden, gehören die Augustinuskerk mit ihrer auffallenden neoklassizistischen Fassade an der Oudegracht und die beeindruckende neogotische Willibrordkerk (Sankt Willibrordkirche), ein prachtvoll restauriertes Beispiel der Arbeiten der Bernulphusgilde, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Aussehen vieler katholischer Kirchen prägte. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, Tugenden des mittelalterlichen (katholischen) Kirchenbaus wieder aufleben zu lassen. Architekt war Alfred Tepe, der größte Teil der Inneneinrichtung stammt vom gebürtigen Kölner Friedrich Wilhelm Mengelberg und viele der bunten Glasfenster kommen aus dem Atelier des Heinrich Geuer. 

Katharinenkirche (Catharinakathedraal) UtrechtDie Katharinenkirche, 1854 zur Kathedrale (Catharinakathedraal) erhoben, empfiehlt sich mit ihrer wechselvollen Geschichte ebenfalls für einen Besuch. Sie liegt gleich neben dem Museum Catharijneconvent, das sich mit einer umfangreichen und hochklassigen Sammlung der religiösen Geschichte der Niederlande widmet und damit eine ausgezeichnete Ergänzung zu einer Kirchentour darstellt. Die St.-Katharinen-Kathedrale, heute Bischofskirche des Erzbistums Utrecht, sollte eigentlich Klosterkirche der Karmliten werden, doch die Klostergebäude wurden bald schon den Johannitern übergeben. In der Kirche sind unter anderem zwei einflussreiche Utrechter Maler begraben, Abraham Bloemaert und Gerard van Honthorst.

Doopsgezinde kerk, Mennoniten-Kirche Utrecht,  Glasfenster mit Engel des MatthäusAuch die eher schlichte Kirche der Mennoniten (Doopsgezinde Kerk), eine Schlupfkirche, die seit 1772/73 in einer in der ehemaligen Brauerei De Witte Leeuw an der Oudegracht untergebracht ist, ist im Rahmen dieser offenen Sommertage Utrechter Kirchen zu besichtigen. Sehenswert sind unter anderem die schönen Glasfenster mit Symbolen der vier Evangelisten, hergestellt 1921-1922 von der Utrechter Firma Löhrer, und die prachtvolle Kanzel aus Mahagoniholz, vom Schreinermeister Wajon aus Haarlem hergestellt.

Die Geertekerk macht ebenfalls mit. Auch in dieser Kirche gab es einst ein kleines Verlies, in das sich die fromme Einsiedlerin Agnes van Zantwijc hatte einmauern lassen.

Erwähnt sei noch eine weitere wichtige Pfarrkirche Utrechts, die Buurkerk. Sie nimmt zwar nicht am Projekt „Kerken kijken Utrecht" teil, beherbergt aber das Museum Speelklok und ist dadurch in weiten Teilen zugänglich.

Der Turm des Utrechter DomsUnd auch die monumentalste Kirche der Stadt, der Dom, ist in der Regel tagsüber geöffnet und zu besichtigen. Seit einem verheerenden Orkan 1674, der das Mittelschiff einstürzen ließ, steht nur noch die Hälfte der Kirche. Nach Besichtigung der Grabmonumente und anderer Kunstwerke im Inneren empfiehlt es sich unbedingt auch, den nebenan gelegenen mittelalterlichen Kreuzgang (Pandhof) anzusehen, in dem die Zeit mitten in der lebhaften Studentenstadt stillgestanden zu sein scheint. Zum Dom gehört ebenfalls der imposante Domturm, der bestiegen werden kann und der mit seinen 112 Metern Höhe der höchste Kirchturm der Niederlande ist.

Bei einer solchen Vielzahl an Kirchen in Utrecht wundert es nicht, dass Sie auch bei Stadtführungen in Utrecht an manch einer Kirche vorbeikommen und Wissenswertes über das religiöse und alltägliche Leben der Stadt und die Kirchenbauten erfahren.

Pieterskerk Utrecht, Malerei in Sarkophag, bittender Kanoniker vor PetrusViele der genannten Kirchen sind auch außerhalb des Programms von Kerken kijken in Utrecht ab und an geöffnet, sei es bei besonderen Veranstaltungen, im Rahmen regelmäßiger wöchentlicher Öffnungszeiten oder natürlich für Gottesdienste. Es lohnt sich also für Besuche außerhalb der Sommermonate auf jeden Fall zu überprüfen, welche Utrechter Kirche wann besichtigt werden kann. Es gibt in den alten und jüngeren Gotteshäusern in Utrecht nämlich viel zu entdecken.



 


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