logo de small

Verzückung, Entschlossenheit, Leiden, Neugier, Liebe, Abscheu und mehr Emotionen - und wie diese durch Meister des Barock in Rom dargestellt wurden, durch Künstler wie Caravaggio, Bernini und deren Maler- und Bildhauerkollegen - das ist nun in einer spektakulären Ausstellung im Rijksmuseum in Amsterdam zu erleben. 

 Annibale Carracci, Pietà, ca. 1603

Annibale Carracci, Pietà von ca. 1603, Kunsthistorisches Museum Wien. Die Wunde in Christus' Seite ist ebenso blau wie Marias Gewand und Marias kraftlose Haltung spiegelt sich im leblosen Körper ihres Sohnes wieder. Oder umgekehrt. 

 

Spirituelle Erfahrungen, Visionen, Ekstase kommen in Werken zum Ausdruck, die Maria Magdalena oder den Heiligen Franziskus von Assisi abbilden. Der Betrachter wird Zeuge ziemlich intimer Erfahrungen der dargestellten Heiligen, was seiner Glaubensfestigkeit zu Gute kommen soll. Wir können die Trauer von Annibale Carraccis untröstlicher Maria mit dem leichenblassen Körper des gekreuzigten Jesus Christus in ihrem Schoß nachempfinden. Und der muskulöse marmorne Leib des mit Pfeilen gepeinigten Heiligen Sebastian des Gian Lorenzo Bernini scheint fast lebendig zu sein, auch wenn wir ihm in einem Moment gegenüberstehen, in dem er bereits dem Tode nahe ist.

 Bernini, Heilige Sebastiaan, 1617

Der Heilige Sebastian von Gian Lorenzo Bernini, 1617, Detail. Sebastian stirbt beinahe an seinen Verwundungen. Doch gelang es Bernini, aus dem kalten Marmor eine beinahe lebensechte Figur herauszumeißeln, deren Adern unter der Hautoberfläche sichtbar durchblutet sind. Wenn es im Museum nicht verboten wäre, würden wir solche Skulpturen am liebsten einmal anfassen wollen.
Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid (private Dauerleihgabe)

 

Bewundernswert lebensecht scheinen auch die Porträts, als Werke der Bildhauerei wie auch der Malerei, von sowohl wichtigen politischen Spielern wie Berninis Kardinal Richelieu oder die Büste des Kardinals Scipione Borghese von Giuliano Finelli, wie auch die Menschen, die eher mitten in der Gesellschaft Roms im 17. Jahrhundert anzutreffen waren. Davon zeugt ein Selbstbildnis des Malers Simon Vouet, das Berninis Sebastian in Lebensechtheit nicht nachsteht und uns mit geröteten Augen und ungekämmtem Haar anblickt, als sei Vouet gerade nach einer durchzechten Nacht aus dem Bett gefallen. Wir sehen, wie Erschrockenheit aussieht, wenn Caravaggios verführerischer junger Mann unerwartet von einer Eidechse gebissen wird. Den Horror im Gesicht und in der ganzen verkrampften, gekrümmten Haltung des Goliath, während ihm von einem Winzling wie David sein gigantischer Kopf abgeschnitten wird und er erkennt, dass es für ihn kein Entrinnen mehr gibt. 

 Orazio Borgianni, David und Goliath, Detail

Orazio Borgianni, David enthauptet Goliath, ca. 1605-1610 (Detail). Eine besonders drastische Wiedergabe des Zweikapmfes zwischen David und dem Riesen Goliath. Mit aller Macht versucht David, das Haupt mit Goliaths eigenem Schwert abzusägen. Gleichermaßen verbissen setzt Goliath sich zur Wehr und der Horror dessen, was ihn erwartet, ist in seinem Gesicht abzulesen.  

 

Das Rijksmuseum präsentiert mit dieser Ausstellung große Kunst, die sonst selten in den Niederlanden zu bewundern ist und die wir dem angeregten künstlerischen Klima in Rom während der ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts verdanken. Wo Päpste, Kardinäle und Adelige, aber auch internationale Reisende und Künstler der Stadt neues Leben einflößen und ihr wieder zu Glanz und Gloria verhelfen. Werke von Caravaggio, Gian Lorenzo Bernini, Annibale Carracci, Giovanni Baglione, Valentin de Boulogne, Orazio und Artemisia Gentileschi, Alessandro Algardi, Guercino, François du Quesnoy und anderen sind nach Amsterdam gekommen und stellen Roms Reichhaltigkeit an künstlerischer Virtuosität und Finesse in jenen Jahren unter Beweis. Die meisten Werke waren zuvor bereits in der ersten Ausgabe dieser Ausstellung über den Barock in Rom im Kunsthistorischen Museum in Wien zu bestaunen. 

Gemälde und Werke der Bildhauererei werden nebeneinander präsentiert und letztere sind nicht nur durch Skulpturen in Marmor und Bronzeplastiken vertreten, sondern auch durch Modelle in Terrakotta und antike Skulpturen, die von namhaften Bildhauern des 17. Jahrhunderts kunstvoll restauriert und ergänzt wurden.

François du Quesnoy, Rondinini-Faun, British Museum, LondonDer Rondinini-Faun, eine antike römische Skulptur, von der man seinerzeit annahm, sie stamme aus der griechischen Antike. François du Quesnoy restaurierte den erhaltenen ursprünglichen Torso und ergänzte ihn zur vollständigen Figur eines Fauns. Diese Skulptur von François du Quesnoy, einem Bildhauer aus Flandern, der es in Rom zu Ruhm brachte, wird bereits seit Jarhunderten wegen seiner Meisterhaftigkeit gerühmt. London, British Museum. 

 

Caravaggio, Dornenkrönung, Wien, Kunsthistorisches Museum 

Die Dornenkrönung des Michelangelo Merisi da Caravaggio, ca. 1603, Wien, Kunsthistorisches Museum. Ohne Gnade drücken zwei muskulöse Männer eine "Krone" aus Dornen auf Jesus' gesenktes Haupt. Ein Zepter haben sie ihm bereits in die Hand gedrückt, um diesen König der Juden zu verspotten. Jesus erleidet es, er kennt sein Schicksal und muss es ertragen. Auch wenn alle vier Personen auf diesem Gemälde recht dicht beieinander stehen, der Blick auf Jesus Christus bleibt frei. Der Betrachter steht ihm direkt gegenüber und kann alles überdenken, das das Leiden Chrsti für einen gläubigen Christen bedeutet. 

 

Eine seltene Gelegenheit in den Niederlanden und eine Lust für's Auge! Wer vor oder nach dem Besuch der Ausstellung noch durch die Säle mit niederländischer Kunst aus dieser Epoche im Rijksmuseum spaziert, dem wird auffallen, wie groß manchmal der Kontrast zu Kunst ist, die die Republik der Niederlande in jener Zeit hervorbrachte. Und wie groß manchmal auch wiederum nicht. 

Sehen Sie es sich an!

Ein Besuch der Ausstellung Caravaggio – Bernini im Rijksmuseum ist gut kombinierbar mit einer privaten Führung im Rijksmuseum. Nehmen Sie hierzu Kontakt auf

 Giuliano Finelli, Scipione Borghese, 1632, Metropolitan Museum New York

Der Bildhauer Giuliano Finelli, der auch einige Jahre in Berninis Atelier arbeitete, schuf 1632 dieses Porträt von Kardinal Scipione Borghese.

 


Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Website nutzen, ohne die Cookie-Einstellungen Ihres Browsers zu ändern, gehen wir davon aus, dass Sie unserer Verwendung von Cookies zustimmen. Mehr Information finden Sie in der Datenschutzerklärung.